MARAMURES
                 -  Wo die Zeit zur Ewigkeit wird

„Das Land des Holzes“ wurde es einst genannt und das nicht ohne Grund. Um 1900 waren noch ungefähr 90% des gesamten Maramures-Gebietes von Wäldern bedeckt. Heute ist die kleine Enklave im Norden Rumäniens eine der wohl isoliertesten Regionen Europas und gilt selbst im eigenen Land als arm und rückständig. Die Uhren, so sagt man, messen hier nicht die Zeit, sondern die Ewigkeit.

Wer die Dörfer nahe der ukrainischen Grenze betritt, sieht sich in eine andere Epoche versetzt. Kaum ein Auto, dafür Fahrräder, Ochsenkarren und Pferdegespanne, die den Rhythmus des Alltags bestimmen. In diesen abgeschotteten Landstrichen bleibt man für sich, weit weg von der übrigen Welt, und das seit Jahrhunderten. Selbst während der Ceausesco-Jahre verharrte das Maramures in seiner Isolation: Die Ortschaften waren so schwer erreichbar, daß Kolchosen wenig sinnvoll erschienen und die Bauern ihr Land behalten und nach eigenem Ermessen bewirtschaften durften. Sie mußten zwar einen Großteil der Ernte an die Behörden abgeben, doch ansonsten hat man sie in Ruhe gelassen. Das spürt man bis heute. Das einfache Leben der bäuerlichen Bevölkerung – fast jeder hier zehrt von der Landwirtschaft - wird bestimmt vom Wechsel der Jahreszeiten und einer Vielfalt von Traditionen, die beinahe unverändert  weitergetragen wurden. Und das, obwohl dieser Tage Radio- und Fernsehapparate in die Häuser und Katen einziehen und erste Touristen neugierigen Blickes durch die Dörfer schlendern.

Doch die Menschen von Maramures lassen sich auch davon nicht beeindrucken und stören. Sie sind immer noch Selbstversorger und arbeiten schwer,  um sich durchzubringen. Viele Frauen nähen die Kleider für sich und ihre Familien immer noch selbst, und manch ältere Dorfbewohner tragen noch die traditionellen Bundschuhe aus Schweinsleder, sogenannte „Opinci“. Gewaschen wird im Fluß - Sommer wie Winter.

Eine ländliche Idylle? Sie wirft lange Schatten. Arbeitsplätze vor Ort sind rar geworden. In den letzten Jahren wurden die meisten der nahe gelegenen Bergwerke, früher eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Bewohner von Maramures, wegen mangelnder Rentabilität geschlossen. Schlimm besonders für die einheimischen Jugendlichen, die nun gezwungen sind, in anderen Regionen von Rumänien ihren Unterhalt zu verdienen. Etliche von ihnen verdingen sich als Saisoniers und kommen im Spätherbst in ihre Heimat zurück, beladen mit Mais, Zucker und Reis. Alles Güter des täglichen Lebens, mit denen sie den Winter über regen Tauschhandel treiben. Andere kehren nie mehr heim.

Nikolaus Scholz ©